A ls die Jury unter dem Vorsitz von Maria Desa- rio Kulturminister Gen- naro Sangiuliano das Ergebnis mitteilte, hat- te sich Agrigent gegen neun weitere Finalistenstädte durch- gesetzt. Unter dem Motto »Il sé, l’al- tro e la natura« – »Das Ich, das An- dere und die Natur« bauen sich drei Säulen auf, auf denen das Programm der Stadt basiert: Die Förderung des kulturellen Erbes und der Identität der Stadt (Das Ich/ Identität), die För- derung des interkulturellen Dialogs und der Begegnung (Das Andere/ Dia- log) sowie die Förderung eines nach- haltigen Verhältnisses zur Natur (Die Natur/ Nachhaltigkeit). Das Ich: Agrigents Identität und kulturelles Erbe Agrigent blickt auf eine lange und er- eignisreiche Geschichte zurück, die bis in die Antike reicht. Gegründet im 6. Jahrhundert v. Chr. von grie- chischen Siedlern, entwickelte sich Akragas, wie die Stadt damals hieß, zu einer der mächtigsten und wohl- habendsten Städte Siziliens. Die Tempel von Agrigent sind ohne Zweifel das herausragendste Zeug- nis des kulturellen Erbes der Stadt. Die Ruinen dieser einst prächtigen Bauwerke, darunter der Tempel des Zeus, der Tempel der Concordia und der Tempel des Herakles, zeugen von der Größe und Pracht des anti- ken Akragas. Weitere archäologische Stätten wie die Ruinen der antiken Stadtmauer, die Agora (der Markt- platz), das Olympieion (ein riesiges Tempelgelände) und die Nekropole (Friedhofsanlage) bieten einen Ein- blick in die bewegte Geschichte der Stadt. Neben den antiken Ruinen fin- den sich in Agrigent auch zahlreiche mittelalterliche und barocke Bau- werke, darunter die Kathedrale, das Rathaus und verschiedene Paläste. Das kulturelle Erbe Agrigents ist einzigartig und vielfältig. Die Stadt bietet Besuchern eine faszinierende Zeitreise durch die Geschichte, von der Antike bis zur Gegenwart. Wer hierher kommt, sollte auch den vie- len Museen und Kunstgalerien seine Aufmerksamkeit widmen, die um- A G R I G E N T & L A M P E D U S A 2 1 Wer Agrigent besucht, kommt um einen Besuch des berühmten Tal der Tempel nicht herum! 2 Die Skulptur Door of Europe von Mimmo Paladino auf der Insel Lampedusa. fangreiche Sammlungen von Kunst- werken und Artefakten aus ver- schiedenen Epochen beherbergen. Zu den wichtigsten Museen zählen das Museo Archeologico Regionale, das Museo Civico und die Pinaco- teca Comunale. Absolut sehenswert ist auch die moderne Scalinata de- gli artisti, eine Künstlertreppe, auf der sich Wandmalereien, Skulpturen und Installationen zu einem zeitge- nössischen Open-Air-Museum zu- sammenschließen. Das Andere: Interkultureller Dialog und Begegnung Die zweite Säule des Stadtpro- gramms will etwas Fundamentales leisten: Die finanziellen Leistungen, die mit der Ehrung zur italienischen Kulturhauptstadt einherge- hen, sollen nicht nur für Agrigent selbst beansprucht werden, sondern 2025 S Ü D E U R O P A E R L E B E N 2 0 2 5 auch für die Insel Lampedusa. Die Insel im Mittelmeer misst gerade ein- mal 20 Quadratkilometer und hat etwa 6.000 Einwohner. Rund 200 Kilometer trennen Sie in nördliche Richtung von Agrigent, 113 Kilo- meter von Sfax in Tunesien und ca. 280 Kilometer von Valletta auf Mal- ta. Traurige Berühmtheit erlangte die größte der Pelagischen Inseln als wichtiger Anlaufpunkt für Migranten und Flüchtlinge aus Afrika und dem Nahen Osten, die über sie nach Euro- pa gelangen wollen. Wer Lampedusa hört, denkt an überfüllte Boote und Auffanglager mit prekären hygieni- schen Bedingungen und mangelnder medizinischer Versorgung. Denkt an Schiffe mit Menschen an Bord, denen die Zufahrt zum Hafen verweigert wird und Lösungsvorschläge aus der Politik, die selten zu einer Besserung der Zustände führen. Lampedusa wird in Italien als »große Wunde im Meer« wahrgenommen – die neu geweihte Kulturhauptstadt will das jetzt ändern. Nicht mehr wegschauen und schnell verarzten, sondern unter die Lupe nehmen lau- tet 2025 die Devise. Zahlreiche Ini- tiativen mit traditioneller Musik und Theater sind für Migranten, Flücht- linge und Inselbewohner vorgesehen, keiner soll ausgeschlossen werden. Im Zusammenfluss antiker und mo- derner Kultur soll sich ein großes Ganzes, ein gemeinsames Miteinan- der, entwickeln. Die Natur: Nachhaltigkeit im Fokus Von der Initiative für grüne Mobilität (z.B. durch Bike-Sharing-Angebote) und Reduzierung des Autoverkehrs in der Innenstadt über Gebäudesa- nierungen im Zeichen eines vermin- derten Energieverbrauchs bis hin zur Förderung eines nachhaltigen Tourismus’ und Schulungen für mehr Umweltbewusstsein, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, ste- hen in Agrigent ab 2025 alle Zeichen auf Nachhaltigkeit. Das Projekt »Ag- rigent Green City« widmet sich der Begrünung der Stadt, »Agrigent Bio« der Förderung der Bio-Landwirt- schaft und dem Verzehr und Anbau regionaler Produkte. 13